Sunday, November 14, 2010

Heim ins Reich
Ignaz Paul Vital Troxler wurde 1830 als Ordinarius für Philosophie nach Basel berufen, weil ein Deutscher, der Theologe De Wette, in ihm die Figur sah, welche der Universität zum Status der ersten National-Universität der Schweiz verhelfen würde. Zwei Jahr später, nachdem Troxler Stellung für die aufständischen Baselbieter bezogen hatte, war er nach Aarau vertrieben und De Wette fragte sich, welcher Teufel ihn geritten habe, diesen Mann nach Basel zu holen.
Troxler hat unter der Vertreibung aus Basel sehr gelitten, aber er war intelligent und bescheiden genug, um sich in einer der schwierigsten Phasen der jüngeren Schweizer Geschichte zu einem klugen Ratgeber für die Weiterentwicklung des Staatswesens zu wandeln. Ihm verdanken wir das Zweikammerparlament nach amerikanischem Muster.

180 Jahre später kommt Christoph Blocher gem. NZZ am Sonntag vom 14.November 2010 mit einem umfassenden Mandat für die Restrukturierung der Basler Zeitung nach Basel, weil es Menschen gibt, die ihn als Wunderdoktor für die Genesung von Staat und Gesellschaft betrachten.
Der Subtext seines Kommens lautet aber über ein Restrukturierungsmandat hinaus: die Stadt am Rhein "heim ins Reich" zu holen, in das Reich seiner Partei, der SVP.
Das Mandat, das er von den Herren Wagner und Tettamanti erhalten hat, ist so etwas wie ein mediales Ermächtigungsgesetz.
In einem historisch überholten, aus der Zeit des 2.Weltkriegs stammenden Verständnis der Willensnation als homogenem Nationalstaat, als Staat nach seinen, Blochers Vorestellungen, was die Schweiz sein muss, aus einem fundamentalistischen persönlichen Sendungsbewusstsein heraus, betreibt Christoph Blocher das, was in letzter Konsequenz zum Zerfall ebendieser Willensnation führen muss. Meinungsdiktat, Populismus, grenzenlose Polarisierung, Zerstörung aller Kräfte der Mitte sind die Instrumente, auf welchen Blocher und seine postfaschistische Gefolgschaft virtuos spielen.
"Die Schweiz, das kleine Stachelschwein, das holen wir auf dem Heinweg heim" hiess es einst im nationalsozialistischen Deutschland. Christoph Blocher möchte sich Basel als Dessert (die Läckerli hat er schon) gönnen, nachdem er mit dem Rest der Schweiz fertig geworden ist. Was er von den Welschen hält, hat er nach der EWR-Abstimmung deutlich genug gesagt: "Diese Franzosen...". Notfalls wird er sich mit einem deutschsprachigen geistigen Réduit zufrieden geben.

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