Saturday, February 20, 2010

Cristoforo Blocher, por Gracia de Dios Caudillo de Suiza ?
Christoph Blocher, von Gottes Gnaden Führer der Schweiz ?
Cristoforo Blocher, Unto del Signore, Presidente della Svizzera ?
Christophe Blocher, par la grace de Dieu Président de la Suisse ?



Christoph Blocher verfügt gewiss über eine überdurchschnittliche Intelligenz, eine solide Bildung, gute geschichtliche Kenntnisse und ein gerüttelt Mass an Machstreben.
Dies Alles wäre noch kein Grund, den Mann zu fürchten. Problematisch ist das Gottesgnadentum, aus dem der Sohn eines protestantischen Pfarrers seine politische Mission ableitet. Sein Wirken auf Erden steht unter dem Schutz des Höchsten, die Geistesgaben und die Gesundheit, die ihm von Gott verliehen wurden,befähigen ihn nicht nur dazu, ein erfolgreicher Unternehmer zu sein, sondern verpflichten ihn auch, (heils-)geschichtliche Grosstaten zu vollbringen und zu diesem Zweck mit allen Mitteln an die Hebel der Macht im Lande zu gelangen.
Die Titel seiner jüngsten öffentlichen Auftritte sprechen eine deutliche Sprache. In einem Inserat in der Neuen Zürcher Zeitung vom heutigen 20.Februar 2010 kündigt er ein Referat mit dem Titel "Warum stehen unsere Eliten mit dem Rücken zur Wand? - Eine Klarstellung" an.
Was soll das heissen? Wie soll der einfache Bürger diesen Satz verstehen?
Wozu diese pauschale Verunglimpfung der Eliten, welche in der komplexen Realität eines Kleinstaates, einen Weg zwischen den Polen eines wirtschaftlichen Global Players und eines komplizierten, auf Konsens angewiesenen direktdemokratischen politischen System suchen müssen?
Ist es eine versteckte Aufforderung, diejenigen Angehörigen der Eliten, welche nicht bereit sind, nach Blochers Pfeife zu tanzen, an die Wand zu stellen?

Ist sich Christoph Blocher, der Gesalbte des Herrn, der zerstörerischen Energie, die in seiner Rhetorik steckt bewusst? Ist er letztlich ein Bussprediger?
Als guter Protestant sollte er sich im Alten Testament gut auskennen. Kein Prophet Israels, der das Gottesvolk zur Umkehr aufrief, hatte Teil an der Macht, suchte die Macht. Aber auch die noch immer gültige politisch-religiöse Referenz der katholischen Schweiz, Niklaus von Flüe, war kein Machtmensch. Er beschränkte sich auf Ratschläge, die gehört und beachtet wurden. Das Gottesgnadentum des deutschen Kaiserreichs war einer der Schlüsselfaktoren für die Katastrophe des 1.Weltkriegs und selbst der rücksichtslose Francisco Franco, por gracia de Dios Caudillo de Espana, erkannte in seinen späten Jahren die Notwendigkeit, die Diktatur in eine konstutionelle Monarchie zu überführen. Die Schweiz eignet sich schon von ihrer Geschichte und von ihrer Grundstruktur her nicht für die Monarchie, aber ebenso wenig verdient unser Land eine Einparteienherrschaft. Wir sind zur Konsensfindung verdammt, was nicht heisst, dass wir faule Kompromisse schliessen sollen. Wir müssen miteinander ringen, aber wir müssen uns auch an Spielregeln für dieses Ringen halten. Dazu gehört Fairness und Verzicht auf Hetzreden und Schreckung der Bevölkerung. Auch wenn Einer sich wie Christoph Blocher berufen fühlt, auszuziehen, um das Land zu retten, muss er diese Spielregeln einhalten, andernfalls erreicht er das Gegenteil dessen, was er vorhat.

Wednesday, February 03, 2010

Vor der Wiederkunft des "Volksstaats"

Als im Jahr 2005 Götz Aly seine Analyse der Finanzpolitik der Nationalsozialisten unter dem Titel "Hitlers Volksstaat" veröffentlichte, löste er damit eine heftige Diskussion darüber aus, ob seine klarsichtige Berichterstattung ein Versuch sei die "Kollektivschuld" des deutschen Volkes am Holokaust herabzustufen. Der unbestreitbare Sachverhalt, dass das Finanzgebahren Deutschland nach der Machtergreifung Hitlers darauf ausgerichtet war, die Staatsschuld zu reduzieren und den Zufluss von Cash sicherzustellen - nicht nur für die militärische Rüstung, sondern auch für das "tägliche Brot"des einfachen deutschen Bürgers (inklusive der Renten) - wurde als zu simplistische Erklärung für das möderische Tun des Regimes, inklusive des Holokausts betrachtet.

Nun hat dieser Tage die Frage, ob der Staat das Recht brechen darf, um in einer Situation der finanziellen und ökonomischen Krise die Wirtschaft wieder anzukurbeln, eine neue Virulenzu gewonnen, und Götz Alys Analyse könnte in diesem Lichte an Plausibilität gewinnen.

Die heutige deutsche Kanzlerin Angela Merkel mag eine gute Christin sein, aber die chronische marxistisch-leninistische Indoktrinierung, der sie in ihrer Schulzeit ausgesetzt war, dürfte doch Spuren in ihrem strategischen und taktischen Denken und Handeln hinterlassen haben.

Wir mögen zwar in einer postmarxistischen Aera leben, und traditionelle Werte sind wieder hoch im Kurs, aber das Gesetz des Dschungels in Finanz und Wirtschaft gilt noch immer.

Frau Merkel ist gewiss nicht die Einzige, die der Versuchung eines Handelns im Sinne von Götz Alys "Volksstaat" erliegt. Obama wie Sarkozy und viele andere dürften ihren Spuren folgen, und wenn Christoph Blocher lautstark verkündet, in der deutschen Regierung habe es "kriminelle Elemente", vergisst er wohl, dass er mit seiner Schweizerischen Volks-Partei den Weg zu einer schweizerischen Version des "Volksstaats" vorgespurt hat, wenn diese verspricht: "die kriminellen Ausländer auszuweisen, die Steuern zu senken und der Europäischen Union nicht beizutreten".

Unsern Lesern sei deshalb die Lektüre von Götz Alys Werk sehr empfohlen:


Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus


Fischer, Frankfurt am Main, 2005, ISBN 3-10-000420-5.
Fischer, Frankfurt am Main, 2006, ISBN 3-596-15863-X. - Mit einem Nachwort von Götz Aly
Bundeszentrale für politische Bildung, 2005, ISBN 3-89331-607-8




Revival of the "Volksstaat"

When in 2005, Götz Aly published his analysis of the finance politics of Nazi
Germany,"Hitlers Volksstaat",he provoked violent discussions on whether his lucid account was an attempt to reduce the "Kollektiv-Schuld" of the German people in the Holocaust. The undeniable facts that Germany's financial behaviour after Hitler's rise to power was directed at reducing the debt and ensuring the inflow of cash - not only for military buildup, but for the simple German citizen's daily bread - was considered as too simplistic an explanation for the murderous deeds the regime, including the Holocaust.
The discussion on whether the state should undertake illegal actions in order to achieve an economic relaunch in a situation of financial and economic crisis, has won new virulence these days, and Götz Aly's analysis might prove more adequate than before.
The actual German Federal Chancellor may be a good Christian, but the chronic exposure to Marxist-Leninist doctrine during her education in the former German Democratic Republic has certainly left some traces in her strategical and tactical behaviour.
We may live in a post-Marxist era, and traditional values are high on the agenda, but the laws of the jungle in finance and economics are still valid.
Angela Merkel quite certainly is not alone in her temptation, Obama, Sarkozy and many others might follow her path, and Switzerland's Christoph Blocher himself, while trumpetting that "there are criminal elements in the German government" has paved the way with his Swiss People's Party to as Swiss version of the "Volksstaat" with the promise to "expulse the criminal foreigners,reduce the taxes for everybody and not to enter the European Union".

We strongly recommend the lecture of Götz Aly's book to our readers.

An English version is available on AMAZON:
Götz Aly: Hitler's Beneficiaries

Original title:

Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus


Fischer, Frankfurt am Main, 2005, ISBN 3-10-000420-5.
Fischer, Frankfurt am Main, 2006, ISBN 3-596-15863-X. - Mit einem Nachwort von Götz Aly
Bundeszentrale für politische Bildung, 2005, ISBN 3-89331-607-8